Hilde Domin: Gedicht zum Geburtstag ihres Mannes, 1949
[…] Die Inselkäfigexistenz
- ich wünsche ihr die Pestilenz, […]
Hilde Domin, Gedicht zum Geburtag ihres Mannes, 1949
Hilde Domin arbeitete in den Jahren des Exils hauptsächlich für ihren Mann, den Archäologen Erwin Walter Palm. Sie lektorierte seine Texte, übersetzte die wissenschaftlichen Arbeiten und dokumentierte fotografisch seine Forschungen.
Durch die Arbeit Palms, der Lehraufträgen folgte und Forschungs- und Vortragsreisen unternahm, wurden die Eheleute wiederholt für Wochen getrennt. In diesen Zeiten schrieben sie sich. In ihren Briefen, denen sie ab der zweiten Hälfte der 1940er Jahre auch Gedichte beilegte, berichtete Domin ihrem Mann, den sie „Affe“ nannte – sie selbst war der „Hase“ –, höchst unterhaltsam von ihrem Tagesablauf, ihren Gedanken, auch ihrer Lektüre. Doch sie litt unter der Einsamkeit und der zunehmenden Entfremdung von ihrem Mann, der ihr untreu war. Während er Reisen unternahm, fühlte sie sich im „Inselkäfig“ eingesperrt. Ihr Geschenk zu Palms 39. Geburtstag ist ein Gedicht, das ihr Leiden unter der „Enge“ und die Hoffnung auf eine Rückkehr nach Europa deutlich macht.
Das Schreiben nahm für sie in dieser Zeit eine neue Bedeutung an: „Wenn der Mensch sehr bedrückt ist, kann ihm Lyrik helfen.“ Ihr war klar, dass sie ihrem Mann, der selbst schriftstellerische Ambitionen hatte, zur Konkurrentin wurde. „Man kann nur hoffen dass der Tag fern ist wo mir ein Gedicht gelingt, das ihm besser gefällt als die eignen“, schrieb sie 1952 an einen gemeinsamen Freund.