Österreichischer Identitätsausweis von Paul Celan (1947)

Dokument: Identitätsausweis Paul Celan
Österreichischer Identitätsausweis von Paul Celan (1947)
Deutsches Literaturarchiv Marbach, mit freundlicher Genehmigung von Bertrand Badiou, Celan-Arbeitsstelle der Ecole normale supérieure Paris

Österreichischer Identitätsausweis von Paul Celan (1947)

Flucht vor der sowjetischen Besatzung

Als im Rumänien des Jahres 1947 die Zeichen immer deutlicher davon kündeten, dass der Sozialismus im Lande eine restriktive und kunstfeindliche Haltung zu etablieren versuchte, beschloss Paul Celan, das Land zu verlassen und nun endlich in eine deutschsprachige Umgebung zu ziehen, die dennoch fern genug von jenem Deutschland war, vor dem ihm graute.

Gernot Wolfram, Paul Celan: Der Dichter des Anderen, 2009


Ende November 1947 gelang der Schriftsteller Paul Celan nach einigen erfolglosen Versuchen die Flucht aus dem stalinistischen Rumänien – zu Fuß über die rumänisch-ungarische Grenze – nach Wien. Am Tag seiner Ankunft wurde ihm im Flüchtlingslager Rothschild dieser Ausweis auf seinen Geburtsnamen Antschel ausgestellt. Für seine ersten Veröffentlichungen vertauschte er die beiden Silben seines Namens, im Rumänischen „Ancel“ geschrieben, und benutzte das entstehende Anagramm zeitlebens als Pseudonym. Obgleich er nur wenige Monate in Wien blieb, so machte er hier die prägende Bekanntschaft mit der österreichischen Dichterin Ingeborg Bachmann, mit der ihn mehrere Jahre lang eine Liebesbeziehung verband. Auch gelang es Celan, erstmals einige seiner deutschsprachigen Gedichte in Zeitungen zu veröffentlichen. Im Wiener Verlag A. Sexl erschien 1948 auch sein erster Lyrikband Der Sand in den Urnen, allerdings in einer nur 500 Exemplare umfassenden Erstausgabe mit zahlreichen Druckfehlern. 

Der vorliegende österreichische Identitätsausweis gibt Aufschluss über die hagere Statur des damals 27 Jahre alten Schriftstellers, der – 1,68 Meter groß und nur 62 Kilogramm schwer – in Folge von Besatzung von Zwangsarbeit und des gewaltsamen Todes seiner Eltern sowie der staatlichen Neuordnung  Rumäniens ab 1945 heimatlos geworden war. Paul Celans Ankunft ist auf den 17. Dezember datiert. Bereits im Juli 1948 siedelte er nach Paris über, wo er bis zum seinem Tod 1970 lebte. 1955 erhielt er die Staatsbürgerschaft der Republik Frankreich.

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