Hermann Broch: Der Tod des Vergil (1945)
Und dies war die Masse, ohne die keine Politik betrieben werden konnte und auf die auch der Augustus sich stützen musste, soferne er sich zu behaupten wünschte; und natürlich hatte der Augustus keinen anderen Wunsch.
Aus Hermann Brochs Roman Der Tod des Vergil, 1945
Hermann Brochs Roman Der Tod des Vergil (1945) spielt vor dem Hintergrund des Zerfalls des spätrömischen Reichs und greift zwei Themen auf, die den Schriftsteller in der Zeit seines Exils intensiv beschäftigten: die Psychologie der Massen und die Krise der Kunst.
Der Dichter Vergil kehrt von Athen nach Brundisium zurück. Dort sind Feierlichkeiten im Gang, denn gleichzeitig ist auch der siegreiche Augustus zurückgekehrt. Als Vergil von den feiernden Massen verhöhnt wird, beginnt er, am Sinn seiner Poesie zu zweifeln, die sich von der elenden Realität der Massen unüberbrückbar weit entfernt zu haben scheint. „Formal entspricht ‚Der Tod des Vergil‘ nur in einigen Passagen einem Roman im landläufigen Sinne“, schreibt der Literaturwissenschaftler Jürgen Heizmann, „er ist zugleich lyrischer Gesang, monologische Selbstschau, philosophischer Essay (…).“ (Bettina Bannasch/Gerhild Rochus (Hg.), Handbuch der deutschsprachigen Exilliteratur, 2013).
Der Roman erschien 1945 zeitgleich in deutscher und englischer Sprache im Verlag Pantheon Books des exilierten Verlegers Kurt Wolff in New York. Aufgrund von Handelsbeschränkungen konnte die deutschsprachige Ausgabe erst ab 1949 auch in Deutschland vertrieben werden. Das hier gezeigte Exemplar wurde offenbar nach Schweden verkauft. Die Provenienzhinweise auf dem Vorsatzpapier zeigen zwei Vorbesitzer, bevor das Buch in die Sammlung des Deutschen Exilarchivs 1933–1945 gelangte: den Verleger Adolf Neumann und den Literaturwissenschaftler Walter A. Berendsohn.
Weiterführende Literatur:
Heizmann, Jürgen: Hermann Broch. Der Tod des Vergil (1945), in: Bannasch, Bettina / Rochus, Gerhild (Hg.): Handbuch der deutschsprachigen Exilliteratur. Von Heinrich Heine bis Herta Müller, Berlin: de Gruyter 2013, S. 256-263.