Bertolt Brecht: Verjagt mit gutem Grund, Typoskript (1939)

Typoskript: Bertolt Brecht, Verjagt
Bertolt Brecht: Verjagt mit gutem Grund, 1939
Akademie der Künste, Berlin, Bertolt-Brecht-Archiv, Nr. 346 / 81, © Bertolt-Brecht-Erben / Suhrkamp Verlag

Bertolt Brecht: Verjagt mit gutem Grund, Typoskript (1939)

so haben sie einen steckbrief hinter mit hergesandt
der mich niedriger gesinnung beschuldigt, das ist
der gesinnung der niedrigen.
wo ich hinkomme, bin ich gebranntmarkt
vor allen besitzenden, aber die besitzlosen
lesen den steckbrief und
gewähren mir unterschlupf, dich, höre ich da
haben sie verfolgt mit
gutem grund

Bertolt Brecht, Verjagt mit gutem Grund, 1939


Als politischen Flüchtling, der aus dem nationalsozialistischen Deutschland „mit gutem Grund verjagt“ wurde, kennzeichnet sich der Schriftsteller Bertolt Brecht in diesem Gedicht, das er 1939 im dänischen Exil verfasste.

Die Gründe für seine Verfolgung beschreibt er folgendermaßen:

„und ihre angeber berichten ihnen, daß ich mit den bestohlenen sitze, wenn sie / den aufstand beraten. Sie haben mich gewarnt und mir weggenommen, was ich durch meine arbeit verdiente. Und als ich mich nicht besserte, haben sie jagd auf nicht gemacht, aber / da waren / nur noch schriften in meinem haus, die ihre anschläge / gegen das volk aufdeckten.“

Als Verfasser von marxistischen Lehrstücken und von Werken wie dem 1931 veröffentlichtem Lied vom SA-Mann, das die nationalsozialistische Bewegung offen kritisiert, wurde Brecht schnell zum missliebigen Autor. Ab 1930 wurden seine Theateraufführungen von den Nationalsozialisten gestört. Wie aus einer Meldung der Berliner Polizei an die Parteizentrale der NSDAP hervorgeht, wurde Brecht bereits 1932  als „überzeugter Kommunist“ und damit als Gefahr für die nationalsozialistische Bewegung eingestuft. Gefährlich wollte Brecht der nationalsozialistischen Diktatur auch im Exil stets sein. Er schrieb antifaschistische Werke wie das 1941 veröffentlichte Theaterstück Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui oder 1943 das Theaterstück Furcht und Elend des Dritten Reiches.

Die Solidarität mit dem Volk wird in dem Gedicht als Ursache seiner Verfolgung, aber auch seiner Rettung genannt: „[...] aber die besitzlosen [...]  gewähren mir unterschlupf.“

 

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