David Ludwig Bloch: Shanghai Ghetto, Holzschnitt (1946)
David Ludwig Bloch: Shanghai Ghetto, Holzschnitt (1946)
In einem unüberblickbaren Durcheinander von Vorschriften für staatenlose Flüchtlinge findet sich dieser Emigrant im Ghetto von Shanghai wieder. Eng umgeben von in Versalien geschriebenen Begriffen wie „Designed Area“, „Punishment“ oder „Extension“, die seinen Weg zu beengen scheinen, zeigt er seinen Pass vor.
Die Schwierigkeiten, die der Maler David Ludwig Bloch als staatenloser Flüchtling im Ghetto von Shanghai erlebte, zeigt er in dem Holzschnitt Shanghai Ghetto. Nach dem 25. November 1941 verloren Juden mit dem Überschreiten der deutschen Reichsgrenze ihre Staatsbürgerschaft. Dies galt auch rückwirkend für alle zuvor ausgereisten Juden und somit auch für Bloch, der 1940 aus Deutschland geflohen war. Die Einreise nach Shanghai war 1940 auch ohne Visum möglich: Der von dem „International Council“, einem internationalen Magistrat, geleitete Stadtstaat stand jedem offen. Nach der Passage des Zollamts gelangte man sicher in die Stadt.
Ab Dezember 1941 zeigten sich die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs aber zunehmend auch in Asien. Die japanische Marinebehörde, die zuvor nur in den Randgebieten der Stadt stationiert war, besetzte nun ganz Shangai. Am 18. Februar 1943 wurde das Ghetto in Shanghai eingerichtet. Auch Bloch musste seinen bisherigen Wohnsitz in der Rue Maresca in der Französischen Konzession im Westen der Stadt aufgeben und zog in die Ward Road in das Ghetto nach Hongkou. Das Stateless Refugee Office vergab einen sogenannten „Spezialpass“, der dem zeitweiligen Verlassen des Ghettos diente. Einen solchen Spezialpass erkennt man auch in dem Bild von Bloch: eine Anstecknadel mit dem chinesischen Schriftzeichen „tong“, das „passieren“ bedeutet. Der Pass schränkte die Bewegungsfreiheit der Exilanten außerhalb des Ghettos stark ein.