Richard A. Bermann: Tagebuch von der Saharafahrt 1933, Manuskript (1933)
Richard A. Bermann: Tagebuch von der Saharafahrt 1933, Manuskript (1933)
Gestern Abend im Hotel besah ich den kühnen Entdeckungsreisenden im Spiegel und fand die Rolle merkwürdig besetzt. Demnächst fünfzig Jahre alt, körperlich von jeher in zweifelhafter Verfassung, in diesem Jahre gar nicht in Form und mit allerlei Beschwerden, die ich vor mir geheim halte. Die Nerven seit den letzten Ereignissen in Deutschland beim Teufel; meine alte Elastizität dahin, von Optimismus keine Spur. Was mache ich also in den unentdeckten Teilen der Libyschen Wüste? Ich habe eine Antwort darauf: den Kopf in den Sand stecken.
Aus Richard A. Bermanns erstem Eintrag in sein Tagebuch von der Saharafahrt 1933, am 4. März 1933 an Bord der „Ausonia“
Im Frühling 1933 schloss sich der Schriftsteller und Journalist Richard A. Bermann einer Expedition des ungarischen Abenteurers und Wüstenforschers Ladislaus von Almásy in die Libysche Wüste an. Am 14. März brach die Expedition, die die Oase Zarzura finden und kartographieren wollte, von Kairo aus auf. Ihr angeschlossen hatte sich, neben Bermann und dem Berliner Fotografen Hans Casparius, unter anderem auch der englische Offizier der Luftwaffe Hubert Penderel.
Die Reise entpuppte sich zunächst als Enttäuschung. Eine Konkurrenzexpedition befand sich eine knappe Tageslänge voraus. Zudem wurde bald deutlich, dass sowohl Almásy als auch Penderel die Expedition dazu benutzten, ihre kartografischen Aufzeichnungen mit strategischen Informationen für einen kommenden Krieg zu versehen, was zu Spannungen innerhalb der Gruppe führte. Völlig überraschend entdeckten die Reisenden jedoch schließlich eine Reihe prächtiger Höhlenmalereien.
Richard A. Bermann dokumentierte die Reise in einem Tagebuch. In knapper, oftmals ironisch distanzierter Form notierte er sowohl äußere Eindrücke als auch seine körperliche und psychische Befindlichkeit. Darauf basierte später sein Reisebuch Zarzura. Oase der kleinen Vögel, das 1938 in Zürich erschien und auch zahlreiche Fotografien von Hans Casparius enthielt.
Viele Jahrzehnte später fand der kanadische Schriftsteller Michael Ondaatje in der „Almásy-Penderel-Expedition“ den Hintergrundstoff für seinen Roman Der englische Patient (1992), der auch erfolgreich verfilmt wurde (1996). In der Figur des „Bermann“ ist darin dem Schriftsteller ein kleines Denkmal gesetzt.
Weiterführende Literatur:
Richard A. Bermann alias Arnold Höllriegel: Zarzura. Die Oase der kleinen Vögel. Die Geschichte einer Expedition in die Libysche Wüste. Hrsg. von Michael Farin und Andreas Stuhlmann. München: Belleville 2003