Max Beckmann: Les Artistes mit Gemüse, Gemälde (1943)

Gemälde: Max Beckmann, Les Artistes mit Gemüse
Max Beckmann: Les Artistes mit Gemüse, 1943
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Fotoabteilung, Mildred Lane Kemper Art Museum, Washington University Saint Louis

Max Beckmann: Les Artistes mit Gemüse, Gemälde (1943)

Im Jahre 1943 hat Max Beckmann im Amsterdamer Exil ein Bild gemalt, das in seinem Werke einzigartig ist: Les Artistes mit Gemüse, wie er es selbst genannt hat. Er ist hier zusammen mit den Malern Vordemberge-Gildewart (vorn links) und Otto Herbert Fiedler (hinten links) sowie mit dem Dichter Wolfgang Frommel (hinten rechts) zu sehen. Alle sind  Künstler („Les Artistes“). Sie sitzen zu nächtlicher Stunde um einen Tisch. In ihrer Mitte, auf weißem Tuch und dementsprechend bedeutsam eine große Kerze, die Licht im einfachen und übertragenen Sinne verbreitet. Sie ist das gemeinsame Symbol dieser Männer, die sich in Amsterdam getroffen haben, aber nie so beisammen gewesen sind.

Es handelt sich also um ein ideelles Zusammensein, eine vom Maler geschaffene und gestaltete Gemeinschaft dieser Emigranten in der Zeit der Not. Es herrschte Krieg und Holland war seit 1940 unter deutscher Besatzung. Wie Abgesonderte von der Außenwelt sitzen die vier beieinander, dicht zusammengerückt, erleuchtet durch den Geist, während draußen in jeder Hinsicht Dunkel herrscht, höchstens erhellt von einem unheimlich, nicht näher zu bestimmenden Feuer, wie man hinter Frommel zu sehen meint. Sie wirken ernst und feierlich, als ob sie um einen Altar versammelt seien, zu dem jeder seine Gabe bringt, das ironisch genannte „Gemüse“, womit Beckmann  die einzelnen charakterisiert hat, ohne dass uns alle Symbole verständlich wären. Sein Symbol ist der Spiegel, den er in der Linken hält. Aber was ist in ihm zu sehen? Soll der Ausschnitt mit dem bleichen Gesicht auf den Tod deuten? Das würde sich nicht gut mit dem Sinn des Bildes verbinden, widerstehen die vier der von außen drohenden Gefahr.

Die Anregung zu dem Gemälde ist möglicherweise von Wolfgang Frommel ausgegangen, hatte dieser doch bei der Betrachtung von Beckmanns Werken einmal zu ihm gesagt: „Es gibt doch auch uns, uns Argonauten, warum malen Sie nicht einmal uns!“(Erhard Göpel: Max Beckmann, der Maler, 1957) In Analogie zur Gruppe der antiken Heroen, die sich zu gemeinsamer Tat aufgemacht hatten, war damit der Amsterdamer Kreis gemeint, dessen Angehörige das Exil und eine ähnliche geistige Haltung verbunden hat. Offensichtlich wirkte das Gespräch bei Max Beckmann nach. Charakteristisch für ihn ist dabei, dass er die Situation nicht in einer Weise schildert, die einfach der Wirklichkeit entsprochen hat und dementsprechend auch einfach in Worten ausgedrückt werden könnte, ja noch mehr: Hier ist eine Künstlergemeinschaft dargestellt, die durch die Bildnisse der Einzelnen zwar auf die Amsterdamer Exilsituation bezogen werden muss, deren Sinn aber auch unabhängig davon verstanden werden kann, bleiben doch die ernsthaften Künstler immer unter sich.

Text: Christian Lenz, Max Beckmann Archiv

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