Brief von Max Beckmann an Stephan Lackner, 4. August 1937
Brief von Max Beckmann an Stephan Lackner, 4. August 1937
Am 4. August 1937 schreibt Max Beckmann aus Amsterdam an den Schriftsteller und Sammler Stephan Lackner, dass er am nächsten Tag ein neues Atelier zur Verfügung haben werde und erklärt außerdem: „ich will vorläufig erst einmal hier bleiben, vielleicht dann später Paris. Aber als Übergang ist Amsterdam nicht schlecht.“ Am 26. April 1939 berichtet der Maler an Lackner erleichtert, er habe seine Carte d’Identité für Frankreich erhalten und teilt Valentin einige Tage später mit, sein endgültiger Umzug nach Paris stehe für den 1. August fest. Gleichwohl schreibt er am 1. Mai an I. B. Neumann: „Ich inter[e]ssiere mich ja sehr pour l’Amerique und werde eines Tages ja wohl doch da enden.“ Als am 1. September der Krieg begonnen wurde, befand er sich freilich in Holland, in der Falle.
Beckmanns war es gelungen, alle Möbel und Bilder rasch nach Amsterdam überführen zu lassen. So konnte der Maler begonnene Werke vollenden, andere in eine neue Fassung verändern. In Paris entstand außerdem eine eigene Gruppe von Bildern, ebenso in den zehn Amsterdamer Jahren.
Über diese Zeit sind wir durch das Tagebuch des Künstlers, seine Briefe, wie auch Berichte von Zeitgenossen recht gut unterrichtet. Beckmann hat in Amsterdam erstaunlich viele und bedeutende Werke geschaffen, trotz zunehmend schwieriger Lebensumstände nach Beginn des Krieges am 1. September 1939 und Besetzung Hollands durch die deutschen Truppen am 10. Mai 1940. Die Produktivität erklärt sich auch dadurch, dass Beckmanns in dieser Zeit recht wenige Personen kannten, der Künstler sich also besonders auf sein Schaffen konzentrieren konnte.
Über dieses Schaffen berichtet das Tagebuch, und davon zeugen schließlich die erhaltenen Werke. Bilder des Widerstandes im direkten Sinne finden sich darunter zum wenigsten. Max Beckmann war zu einer Weltanschauung gelangt, in der ungeachtet der Liebe zu den Menschen, der Natur und den einfachen Dingen doch der metaphysische Bereich von größter Bedeutung war. Gibt es ein Leben nach dem Tode? Gibt es Wiedergeburt in größeren Zeiträumen? Wer sind die Götter oder Dämonen, die mit uns spielen? Wie kann ich ein Selbst werden? Um solche Fragen kreiste sein Denken, und entsprechende Vorstellungen sind auch in die Werke eingedrungen.
Text: Christian Lenz, Max Beckmann Archiv, München