Ellen Auerbach: Buenos Aires nach dem Regen (1946)
Ellen Auerbach: Buenos Aires nach dem Regen (1946)
höre ich doch da andeutungen von schiffsbillets, reisen in den süden, gemischt mit wildem gebrüll nach bifes [Steaks] und panqueques de manzana [Apfelpfannkuchen] […]
Der Musiker Walter Rosenberg in einem Brief an seine Schwester Ellen Auerbach, 20. Dezember 1947
Für die nach Nord- und Südamerika geflüchteten Emigranten war das Exil 1945 noch nicht zu Ende. Rückkehrwillige brauchten Aus- und Einreisegenehmigungen, auf die sie zum Teil mehrere Jahre warteten.
Die Fotografin Ellen Auerbach war 1936 mit ihrem Mann aus London nach New York gekommen und plante, seit ihrer Trennung 1944, eine Reise zu ihrem Bruder, dem Musiker Walter Rosenberg, in dessen Exilland Argentinien. Aus finanziellen Gründen konnte sie erst 1946 fahren. Tatsächlich erwog Auerbach zeitweilig, in die „Stadt der guten Lüfte“ überzusiedeln, lebte hier doch in einem Außenbezirk der Stadt, in Ramos Mejía, die Freundin und frühere Partnerin Grete Stern.
Die Bilder ihres achtmonatigen Aufenthalts in Buenos Aires zeigten die Metropole fast menschenleer. Auerbach fotografierte Straßenzüge, die eine stille Weite suggerierten, nach dem Regen in neuem Glanz erstrahlten. Nicht die geschäftige Stadt mit ihren weit über 2,5 Millionen Einwohnern setzte sie in Szene, wie zehn Jahre zuvor der argentinische Fotograf Horacio Coppola, nicht das im politischen Umbruch des nahenden Peronismus befindliche Land. In der Serie von 27 Straßenansichten, darunter das Foto von der Calle Bartolomé Mitre, sind nur vereinzelt Boote, Automobile, Pferdewagen oder Passanten zu sehen. Im fotografischen Blick der Emigrantin verschmolz die Stadt mit deren Perspektive eines erhofften Neubeginns. Eine Reihe von Reiseaufnahmen bot sie über die New Yorker Agentur Photo Representative auch der Presse an.
Ihre Rückreise nach New York am 30. Juni 1947 sollte Auerbach übrigens ohne ihre Kamera antreten. Sie hatte die Leica bei der Einreise nicht deklariert.