Sonderausstellung: Ludwig Meidner

Ludwig Meidner - Ankunft in London

Ludwig Meidner, Selbstporträt aus einem Skizzenbuch, 1939
Ludwig Meidner, Selbstporträt aus einem Skizzenbuch, 1939, Bleistift, 28 x 20 cm
Foto: Ursula Seitz-Gray, © Ludwig Meidner-Archiv, Jüdisches Museum der Stadt Frankfurt am Main, JMF1994-0007 IV-03
Sonderausstellung: Ludwig Meidner

Ludwig Meidner - Ankunft in London

… in diesem steinernen Ozean, wo alles, aber auch alles business ist ...

Ludwig Meidner, Brief an Wolf Bergmann vom 29. April / 1. Mai 1950, Institut Mathildenhöhe, Städtische Kunstsammlung Darmstadt, aufbewahrt im Stadtarchiv Darmstadt, ST 45 Meidner 115


Ludwig Meidner erreichte London Anfang August 1939. Es begannen 14 materiell äußerst schwierige Jahre des Exils, in denen es Meidner nicht gelang, Anschluss an die englische Kunstszene zu finden. Seine sozialen Kontakte beschränkten sich hier im Wesentlichen auf andere deutsch-jüdische Emigranten. Die Mitwirkung im Freien Deutschen Kulturbund oder das Projekt der Gründung einer jüdischen Künstlergruppe im Umfeld der Londoner Ben Uri Gallery blieben kurzlebige Episoden.

Im Exilschaffen Meidners dominiert eindeutig die Zeichnung, zu der sich das Aquarell als Ersatz für das schmerzlich vermisste Malen in Öl gesellte. Dies ist eher typisch für emigrierte Künstler, denen häufig die materiellen Voraussetzungen für die Ölmalerei fehlten – Leinwände und Ölfarben waren einfach erheblich teurer als Papier, Bleistifte und ein Tuschkasten. Trotz der deprimierenden Armut und der fehlenden Bestätigung als Künstler, die Meidners Zeit in London prägten, sind diese Jahre insgesamt doch als künstlerisch höchst produktiv zu bezeichnen. Er durchstreifte London auf ausgedehnten Spaziergängen und hielt seine Eindrücke unermüdlich in seinen Skizzenbüchern fest. Im britischen Internierungslager porträtierte er Hunderte seiner Mitgefangenen. Zudem entstanden umfangreiche aquarellierte Zyklen mit humoristischen oder grotesken Darstellungen, in denen Meidner die aus den Fugen geratene Zeit kommentierte. Schließlich zeichnete er in England einen Zyklus zur Judenverfolgung in Europa, die er mit steigendem Entsetzen aus der Ferne beobachtete.

Weiterführende Literatur:
Horcher in die Zeit. Ludwig Meidner im Exil (Ausst. Kat. Museum Giersch der Goethe-Universität, Frankfurt am Main), München 2016.
Presler, Gerd/Riedel, Erik, Ludwig Meidner. Werkverzeichnis der Skizzenbücher / Catalogue Raisonné of His Sketchbooks, München 2013.
Josef Herman. Warsaw - Brussels - Glasgow - London - 1938-44 (Ausst. Kat. Ben Uri, The London Jewish Museum of Art), London 2011 (insbesondere die Seiten 128-141).
Heuberger, Georg (Hg.), Ludwig und Else Meidner (Ausstellungskatalog Jüdisches Museum Frankfurt, Ben Uri Gallery, London), Frankfurt a. M. 2002.
Helen Adkins, Ludwig Meidner in England – Vierzehn Jahre eines erbärmlichen Lebens. In: Gerda Breuer und Ines Wagemann: Ludwig Meidner.
Zeichner, Maler, Literat. 1884-1966. Bd. 1. (Ausst. Kat. Mathildenhöhe Darmstadt), Stuttgart 1991.

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