Zum Begriff der Entartung in der Kunstwelt

Beschlagnahmeaufkleber
Beschlagnahmeaufkleber auf der Rückseite eines Bildes
Sammlung Gerhard Schneider, Olpe, © Zentrum für verfolgte Künste im Kunstmuseum Solingen

Zum Begriff der Entartung in der Kunstwelt

Entwicklung einer zerstörerischen Idee

Bereits im 19. Jahrhundert entwickelten sich in den Geistes- und Naturwissenschaften Theorien zu den Begriffen der „Entartung“ und „Degeneration“, die schließlich auch auf die Künste übertragen wurden. Man ging davon aus, dass alle Kunst organischen Ursprungs und somit auch als „gesund“ beziehungsweise „krankhaft“ einzustufen sei.

Die Nationalsozialisten konkretisierten diesen Ansatz und stellten dem „Arischen“ die „Entartung“, also das von der Norm Abweichende, gegenüber. All jene Kunst, die nicht dem neuen staatlichen Ideal entsprach, wurde daher öffentlich angeprangert, verboten, beschlagnahmt oder zerstört. Man sprach hier von einer „Säuberung“ des kulturellen Lebens.

Die „Entartung“ in der Kunstwelt betraf die darstellenden Künste (Tanz, Theater, Oper, Film) ebenso wie die bildenden Künste (Malerei, Bildhauerei, Grafik, Architektur, Fotografie), Musik und Literatur. Auf inhaltlicher Ebene wurden vor allem Werke, die sich mit kriegs- und sozialkritischen Themen auseinandersetzten, diffamiert. Auf ästhetischer Ebene wurden alle modernen Strömungen, unter anderem der Expressionismus, der Ausdruckstanz oder Jazzmusik, abgelehnt. Jede Form des künstlerischen Experiments, zum Beispiel der Dadaismus oder die Zwölftontechnik, wurde als Zerstörung des künstlerischen Handwerks angesehen und ebenso verboten wie diffamiert. Kunst, die von Juden oder Kommunisten stammte, trug darüber hinaus unweigerlich den Stempel „entartet“ – unabhängig davon, in welchem inhaltlichen oder ästhetischen Zusammenhang sie stand.

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