Fotografie: Fritz Lang am Set
Der Regisseur Fritz Lang bei Dreharbeiten von Frau im Mond (1929), fotografiert von Horst von Harbou
Stiftung Deutsche Kinemathek, © Horst von Harbou – Deutsche Kinemathek

Film

Das Schwergewicht der künstlerisch ernsthaften deutschen Filmproduktion ist unzweifelhaft nach Paris verlagert worden. Alles, was im deutschen Filmschaffen der letzten Jahre Rang und Namen hatte, produziert jetzt dank Dr. Goebbels in Paris, so daß man wohl ohne Übertreibung behaupten kann: Der wahrhaft repräsentative deutsche Film wird von nun an in Frankreich hergestellt.

Pariser Tageblatt, Film-Berlin an der Seine, 15. Dezember 1933


Die „goldenen 20er Jahre“ in Berlin waren auch für den Film eine Blütezeit: Das junge Medium faszinierte bildende Künstler und Autoren, Techniker und Wissenschaftler aus ganz Europa gleichermaßen, und ihre Mitarbeit trug dazu bei, in Deutschland die künstlerisch und technisch bedeutendste Filmproduktion ihrer Zeit aufzubauen. Viele der dort gedrehten Filme gelten bis heute als Meilensteine der Filmgeschichte.

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten führte zu einem radikalen Bruch mit dieser Tradition: Zwar betrachteten auch die Nationalsozialisten Film als zentrales Medium; sie sahen ihn jedoch vor allem als Propaganda-Instrument. Bereits Ende März 1933 forderte Joseph Goebbels vor der „Dachorganisation der deutschen Filmschaffenden“ „völkische Konturen“ im Film. Besonders den zahlreichen jüdischen Filmschaffenden entzog die NSDAP systematisch ihre Arbeitsmöglichkeiten. Ab 1935 durften nur „Arier“ Mitglied der Reichsfilmkammer sein, was Voraussetzung war, um in der deutschen Filmindustrie zu arbeiten. Zur materiellen Not kamen öffentliche Denunziationen und Repressionen gegen jüdische und avantgardistische Filmemacher.

Mehr als 1.500 Filmschaffende aus Deutschland gingen zwischen 1933 und 1941 ins Exil. Zu ihren ersten Anlaufstellen gehörten – vor allem aus sprachlichen Gründen – Österreich und die Schweiz, außerdem Frankreich und Großbritannien, die Niederlande, Ungarn, Portugal, die Tschechoslowakei und Italien. Vereinzelt gelang es Filmemigranten auch in Asien, etwa in Indien, zu arbeiten. Viele lebten am Existenzminimum, Sprachbarrieren und restriktive Arbeitsgesetze erschwerten die Arbeitssuche besonders von Schauspielern. Regisseuren, Autoren und Produzenten gelang es bisweilen, an ihre vorhergehenden Erfolge anzuknüpfen, die Angehörigen technischer Berufe (etwa Architekten, Kameraleute oder Cutter) profitierten häufig von ihrer guten Ausbildung oder hatten, da Teamarbeit gefragt war, bessere Chancen auf Beschäftigung. Aber auch sie mussten oft illegal und ungenannt arbeiten. Diejenigen, denen es nicht gelang, in der Filmindustrie ihres Exillandes Fuß zu fassen, waren auf Unterstützung von Hilfsorganisationen angewiesen, mussten sich alternative Verdienstmöglichkeiten suchen – oder weiterziehen.

Dennoch nahmen die Exilanten in vielen Fällen Einfluss auf die Filmproduktion ihrer Gastländer, prägten beispielsweise die Filmmusik in Hollywood, das Genre des europäischen Kostümfilms in Großbritannien, den Anti-Nazi-Film und nicht zuletzt den Stil des Film noir in Hollywood mit. Im deutschen Film führte der Verlust der größten Regisseure und Techniker der ersten fünfzig Jahre des Kinos zu einer einschneidenden Unterbrechung seiner Entwicklung und zu massiven Auswirkungen auf die Filmkultur Deutschlands.

Galerie