Mascha Kaléko: Antrag auf Entschädigung
DLA Marbach, Nachlass Mascha Kaléko, © Gisela Zoch-Westphal

Wiedergutmachung

Junges Museum

Mascha Kaléko war wie viele andere Schriftsteller vor und im Zweiten Weltkrieg von einem Schreibverbot betroffen. Hier siehst du ein Formular, mit dem sie Jahre später Antrag auf eine Entschädigung dafür stellte. Diesen Antrag stellte sie „auf Grund des Gesetzes über die Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus (Entschädigungsgesetz)“ am 28. Dezember 1951 an das Entschädigungsamt Berlin. Sie musste viele Daten angeben wie Name, Geburtstag und –ort, Staatsangehörigkeit, Beruf und den momentanen Wohnsitz. Bei ausländischem Wohnsitz war es erforderlich, den Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland, den Wohnsitz vor der Emigration und den Zeitpunkt der Auswanderung zu nennen. So musste Mascha Kaléko beweisen, dass sie ein Recht auf eine Entschädigung hatte.

Vier Jahre später, am 15. Mai 1955, schickte sie eine eidesstattliche Versicherung ihres Schriftstellerfreundes Kurt Pinthus an das Amt in Berlin. Darin bestätigt er, „dass hier eine auch wirtschaftlich erfolgreiche schriftstellerische Karriere durch das Naziregime zerstört wurde, und die große finanzielle Einbuße in keiner Weise wiedergutgemacht werden konnte“. Dabei muss man auch bedenken, dass sie in ein anderssprachiges Land emigrierte und, wie in dieser Erklärung ebenfalls geschrieben steht, „wegen der sprachlichen Gebundenheit des lyrischen Ausdrucks gerade Autoren dieser Art besonders hart betroffen waren und weder in die englische Sprache übersetzen werden konnten noch Gedichte in einer anderen Sprache schreiben oder veröffentlichen konnten“.

Am 27. Februar 1959 schickte sie dann eine Übersicht über ihren Berufsschaden, der aufgrund des Schreibverbots entstanden war, an das Entschädigungsamt Berlin. Am 3. September 1959 - also acht Jahre nach dem Antrag - erhielt sie schließlich den Bescheid für die Entschädigung, um die sie so hart gekämpft hatte, obwohl das Entschädigungsgeld nicht einmal die Hälfte des Verlustes abdeckte. Da sie zu dieser Zeit noch im Ausland lebte, war es für sie eine sehr teure und rechtlich komplexe Angelegenheit, bis sie ihr Ziel erreichte.

Ich bin der Meinung, dass es für Mascha Kaléko sicherlich nur eine kleine Wiedergutmachung war, denn das Geld war bestimmt der geringste Verlust, den sie durch das Naziregime erfahren hatte. Sie verlor Familienmitglieder und Freunde, wurde aus Deutschland vertrieben, musste sich in den USA eine neue Existenz aufbauen, war nie irgendwo zu Hause und hatte immer Angst. Doch trotzdem ist sie nicht abgestürzt. Das berührt mich an Mascha Kalékos Leben am meisten. Es muss sehr schwer für sie gewesen sein, sich durch den Kampf um diese kleine Wiedergutmachung so intensiv mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen zu müssen.

von Ann-Christin Grauer