Mascha Kalékos Einbürgerungsurkunde in die USA
DLA Marbach, Nachlass Mascha Kaléko, © Gisela Zoch-Westphal

Das Exil-Land: USA

Junges Museum

Hier sieht man die Einbürgerungsurkunde von Mascha Kaléko. Die amerikanische Staatsbürgerschaft hat sie erst 1944, also sechs Jahre nach ihrer Ankunft in den USA, bekommen.
Sofort fallen uns das Foto von Mascha Kaléko und die verzierte Umrahmung mit dem Schriftzug „The United States Of America“ ins Auge. Die Gestaltung erinnert an den heutigen Ein-Dollar-Schein. Im Inneren des Rahmens ist die Überschrift „Certificate Of Naturalization“ hervorgehoben, was übersetzt „Zertifikat zur Einbürgerung“ bedeutet. Dann folgen die persönlichen Daten von Mascha Kaléko zu dieser Zeit: „Persönliche Beschreibung des Inhabers zum Zeitpunkt der Einbürgerung“:

- Alter: 37; Geschlecht: weiblich
- Hautfarbe: weiß
- Gesichtsfarbe: hell
- Augenfarbe: braun
- Haarfarbe: braun
- Körpergröße: 5 feet (ca. 1,52 m)
- Gewicht: 115 pounds (ca. 52 kg)
- sichtbare Erkennungsmerkmale: keine
- Familienstand: verheiratet
- Nationalität: polnisch. (Es ist interessant, dass hier „polnisch" steht und nicht „deutsch". Immerhin hatte Mascha Kaléko vor ihrer Ausreise in die USA 24 Jahre in Deutschland gelebt. Grund für diese Angabe ist ihre Geburtsurkunde, die sie den amerikanischen Behörden vorlegte. Mascha Kaléko hatte sie erst 1938 aus ihrer Geburtsstadt Chrzánow angefordert, wahrscheinlich für ihre Heirat. Die Stadt gehörte damals wie heute zu Polen.)

Im unteren Text wird Kalékos Recht auf die Einbürgerung in die USA zum Ausdruck gebracht. Ihre Adresse (1 Minetta Street in New York) und das Ausstellungsdatum des Dokuments (20. November 1944) werden angegeben. Wichtig ist natürlich auch die Unterschrift des Beamten, der diese Einbürgerungsurkunde ausgestellt hat, sowie Kalékos eigene Signatur als Eigentümerin der Urkunde.

Aber war Mascha Kaléko nun überhaupt glücklich über den Erhalt der amerikanischen Staatsbürgerschaft? Gab ihr das Dokument Halt für ihr Leben in den USA, oder konnte sie sich immer noch nicht damit abfinden, in Amerika zu leben? Immerhin hatte es sechs Jahre gedauert, bis sie diese Urkunde in Händen halten durfte. Sie lebte ja nicht freiwillig im Exil, sondern war gezwungen, ihre Heimat aufgrund ihrer jüdischen Herkunft zu verlassen. Mascha Kaléko sah sich selbst vermutlich nicht als „richtige“ Amerikanerin mit Leib und Seele, „man bleibt die Fremde in der Fremde" schrieb sie in einem Gedicht.

Ist sie wohl zurechtgekommen mit der englischen Sprache? Denn schließlich war sie ja in Polen geboren und in Deutschland aufgewachsen. Mascha Kaléko konnte tatsächlich gut Englisch sprechen, doch fiel es ihr als Lyrikerin sicher schwer, in der neuen Sprache zu dichten. In manchen Gedichten mischt sie beide Sprachen:

DER KLEINE UNTERSCHIED

Es sprach zum Mister Goodwill
ein deutscher Emigrant:
"Gewiß, es bleibt dasselbe,
sag ich nun land statt Land,
sag ich für Heimat homeland
und poem für Gedicht.
Gewiß, ich bin sehr happy:
Doch glücklich bin ich nicht."

Mascha Kaléko: Sämtliche Werke und
Briefe in vier Bänden. Hrsg. und komm.
von Jutta Rosenkranz. Bd. 1: Werke.
München: Deutscher Taschebuch
Verlag. S. 665. © für den Text:
1975, 2012 Gisela Zoch-Westphal, Zürich.


von Silas Böhringer und Leonie Farian