Max Beckmann: Argonauten, Gemälde (1950)
Max Beckmann: Argonauten, Gemälde (1950)
Am Morgen noch »endgültig«?! »Argonauten«fertig gemacht.
Max Beckmann in seinem Tagebuch am 24. Dezember 1950
Der Titel vom ersten Triptychon Max Beckmanns, Abfahrt, bezieht sich auf das Hauptbild und damit auf eine Reise, die „Heimkehr“ bedeutet, und auch der Titel des letzten der neun Triptychen ist einer ‚Reise‘ gewidmet: der abenteuerlichen Fahrt der griechischen Heroen mit dem Schiff Argo. Beckmann hat dieses Bild Ende des Jahres 1950 vollendet. Begonnen wurde es am 19. April 1950, und von da an hat sich die beschwerliche Arbeit bis kurz vor dem Tod hingezogen. Am 27. Dezember ist Beckmann an der Ecke 69. Straße und Central Park West in New York zusammengebrochen.
Hat sich das Leben des Künstlers so vollendet? Es würde dann naheliegen, in dem Triptychon auch eine Art Vermächtnis zu sehen, das am Ende der Lebenszeit von 66 Jahren steht, davon 13 Jahre im Exil. Nachdem Beckmann 1937 emigriert war, hat er Deutschland nicht wiedergesehen. Das rechte Bild zeigt eine selbstgenügsame Gesellschaft von Frauen. Nach Mitteilung von Quappi ist es der ‚Chor`, also die Gruppe des antiken Theaters, die das Geschehen ‚begleitet`. Das linke Bild hat Beckmann selbst bei der Entstehung Maler und Modell genannt, das Mittelbild zuerst Die Künstler.
Der Maler ist links konzentriert bei der Arbeit, wobei er nicht einfach ein Modell darzustellen hat, sondern dieses – nackt und mit dem Schwert – ihm auch gefährlich ist, zudem die Kultur (= die Maske, auf der es sitzt) nicht achtend. Gegenüber dieser spannungsvollen Problematik zeigt das Mittelbild als das Wesentliche für das Triptychon insgesamt die Begegnung zwischen zwei antikischen Jünglingen, wie auch immer sie zu benennen wären, und einem aus dem Meer hoch gestiegenem Greis. Hier sind wir also in der Sphäre des Mythos. Der Greis zeigt den Jünglingen den Weg ihres Lebens, der mit der Argonauten-Sage verbunden werden kann und sich doch nicht einfach in ihr erfüllt. Die Lyra zu Füßen des Bekränzten, der zaubermächtige Vogel auf dem Arm des Anderen erklären sich ebensowenig aus der Sage wie die Beschränkung auf nur zwei Figuren. Das Abendteuer, dessen kosmische Bedeutung in der ungewöhnlichen Konstellation der Gestirne angedeutet ist, bedeutet das große Vorhaben auserwählter junger Menschen, bei dem ihnen ein weiser Alter helfen wird, der zum mythischen Bereich gehört.
Auch wenn das Leben Beckmanns unversehens beendet worden ist, so kann das Triptychon Argonauten durchaus als sein Vermächtnis verstanden werden. Damit hätte sich das Leben des Künstlers, das zu einem erheblichen Teil ein Leben im Exil gewesen ist, sinnvoll vollendet, indem es zugleich die Problematik des Exils weit hinter sich gelassen hätte.