Leo Perutz(Leopold Perutz)

Leo Perutz, Schriftsteller
Der Schriftsteller Leo Perutz, vermutlich in den 1950er Jahren, Fotograf unbekannt, undatiert
Deutsches Exilarchiv 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek, Nachlass Leo Perutz, EB 86/094

Leo Perutz(Leopold Perutz)

Bestseller-Autor in Wien, fast vergessen in Tel Aviv

Ich habe keinen Gusto auf Scholet und keine Lust Ivrisch [!] zu lernen. Da gehe ich lieber in Europa zugrunde.

Tagebucheintrag von Leo Perutz am 13. September 1937

Geborenam 2. November 1882 in Prag, Tschechische Republik
Gestorbenam 25. August 1957 in Bad Ischl, Österreich
ExilPalästina, Israel
BerufSchriftsteller

Leo Perutz war einer der populärsten deutschsprachigen Erzähler der Zwischenkriegszeit. Schon während seiner Ausbildung zum Versicherungsmathematiker veröffentlichte er erste literarische Werke. Zum Kreis seiner Wiener Freunde gehörten u.a. Franz Werfel, Alfred Polgar, Richard A. Bermann und Rudolf Olden. Perutz‘ umfangreiches Gesamtwerk umfasst Romane, Novellen, Erzählungen, Theaterstücke, Reiseberichte und Dramen.

Hatte er dem Gedanken an eine Auswanderung nach Palästina zunächst skeptisch gegenübergestanden, war er nach der Annexion Österreichs als Jude jedoch dazu gezwungen. Im Juli 1938 emigrierte er über Italien nach Palästina. Literarische Anerkennung blieb Perutz in seinem Zufluchtsland für den Rest seines Lebens verwehrt. Auch zu weiterer schriftstellerischer Arbeit konnte er sich zeitweise kaum motivieren. Seine materielle Situation besserte sich erst wieder, als er nach dem Ende des Krieges eine Arbeit als Versicherungsmathematiker annahm.

Leo Perutz war auch in Israel immer ein deutschsprachiger Schriftsteller geblieben und hoffte insgeheim auf erneute Anerkennung bei den deutschsprachigen Lesern: „(…) glaubst Du wirklich im Ernst, daß meine Bücher 1946 im neuen Deutschland erscheinen werden?“, schrieb er am 14. Mai 1945 an seinen Bruder Paul. „Wird es denn in diesem Deutschland außer Schrebergärtnern noch etwas geben. Verleger? Zeitungen? Filmgesellschaften? Und wenn ja, – werden sie noch meinen Namen kennen?“

Ab 1950 verbrachte Perutz die Sommer- und Herbstmonate in Österreich und nahm dort auch alte Kontakte wieder auf, z. T. auch mit Bekannten, die dem Nationalsozialismus positiv gegenüber gestanden hatten. 1952 wurde Leo Perutz wieder österreichischer Staatsbürger. Zu einer dauerhaften Rückkehr entschloss er sich nicht.

Wichtige Werke:
Die dritte Kugel (Roman, 1915)
Zwischen neun und neun (Roman, 1918)
Der Marques de Bolibar (Roman, 1920)
Der Meister des Jüngsten Tages (Roman, 1923)
Turlupin (Roman, 1924)
Wohin rollst Du Äpfelchen (Roman, 1928)
Nachts unter der steinernen Brücke (Roman, 1953; 1924 begonnen unter dem Arbeitstitel Meisls Gut)

Weiterführende Literatur:
Leo Perutz 1982-1957. Eine Ausstellung der Deutschen Bibliothek, Frankfurt am Main, Wien/Darmstadt: Paul Zsolnay 1989
Hans Harald Müller: Leo Perutz. Biographie. Wien: Paul Zsolnay 2007

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