Hermann Kesten

Fotografie: Hermann Kesten
Hermann Kesten Anfang der 1940er Jahre, Foto: Fred Stein
Monacensia. Literaturarchiv und Bibliothek. München. Archiv Hermann Kesten 3378/86, © VG Bild-Kunst, Bonn 2014

Hermann Kesten

Kesten war ein wortgewaltiger Feuilletonist, ein heiterer Schreiber, der es stets ernst meinte, ein heilsamer Provokateur vor dem Herrn. Was immer geschah und welche Enttäuschung er auch erleben musste – er hörte nie auf, an die Vernunft zu glauben, sie blieb die Göttin seiner Existenz.

Marcel Reich-Ranicki über Hermann Kesten, 1995

Geborenam 28. Januar 1900 in Podwoloczyska, Österreich-Ungarn, heute Ukraine
Gestorbenam 3. Mai 1996 in Basel, Schweiz
ExilFrankreich, Niederlande, Vereinigte Staaten von Amerika (USA)
BerufSchriftsteller, Publizist

Als Hermann Kesten im März 1933 überstürzt Berlin verließ und ins Exil nach Frankreich ging, hatte er bereits vier Romane, einen Erzählungsband und sieben Theaterstücke veröffentlicht. Er gehörte zu einer Generation jüngerer Autoren, die die Literatur der Weimarer Republik ab Ende der 1920er-Jahren maßgeblich prägten. Einen Anteil daran hatte Kesten auch in der Rolle des Vermittlers, als Lektor des aufstrebenden Gustav Kiepenheuer Verlags in Berlin.

Daran knüpfte er im Exil an. Er übernahm das Lektorat der deutschsprachigen Abteilung des Amsterdamer Verlags Allert de Lange und publizierte regelmäßig in nahezu allen relevanten Exilzeitschriften, etwa im Neuen Tagebuch, in der Pariser Tageszeitung und in Die Sammlung, aber auch in den Organen der kommunistischen Exilpresse, der er als Moralist und Feind jeglicher Form von Totalitarismus und Ideologie deutlich reserviert gegenüberstand. Kesten wurde trotz seiner gelegentlichen Schärfe zu einem von vielen Seiten respektierten Dreh- und Angelpunkt der deutschen literarischen Emigration. Er lebte überwiegend in Hotels, in Paris und Amsterdam, hielt sich aber auch über längere Zeiträume in Brüssel, Ostende, Nizza, Sanary-sur-Mer und Trouville auf.

Kurz vor Kriegsbeginn im Westen beschloss Kesten im Frühjahr 1940, mit einem Besuchervisum in die USA zu reisen, wurde jedoch vom Einmarsch der Deutschen in die Beneluxstaaten überrascht. In New York war er an der Gründung des Emergency Rescue Committee beteiligt, für das er zwei Jahre als ehrenamtlicher Berater tätig war. Kesten veröffentlichte im Exil sechs Romane und gab mehrere Anthologien heraus, unter anderem mit Klaus Mann die Textsammlung Heart of Europe.

Kurz nach seiner Einbürgerung in den USA kehrte er 1949 nach Europa zurück. Als Publizist, Autor und Kritiker war er ein gewichtiger Akteur der bundesdeutschen Nachkriegsliteratur. Von 1972 bis 1976 übernahm er die Präsidentschaft des westdeutschen P.E.N.-Clubs. Seinen Wohnsitz wählte er jedoch stets außerhalb Deutschlands und lebte überwiegend in Rom und Basel.

Auswahl wichtiger Werke:
Josef sucht die Freiheit (Roman, 1928)
Ferdinand und Isabella (Roman, 1935)
Die Kinder von Gernika (Roman, 1939)
Die Zwillinge von Nürnberg (Roman, 1946/1947)
Meine Freunde die Poeten (1953)

Weiterführende Literatur:
Fähnders, Walter / Weber, Hendrik (Hrsg.): Dichter – Literat – Emigrant. Über Hermann Kesten. Bielefeld: Aisthesis Verlag 2005
Kesten, Hermann (Hrsg.): Deutsche Literatur im Exil. Briefe europäischer Autoren 1933–1949. Wien München Basel: Verlag Kurt Desch 1964
Schoenberner, Franz / Kesten, Hermann: Briefwechsel im Exil 1933–1945. Herausgegeben von Frank Berninger. Göttingen: Wallstein Verlag 2008

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