Kurt Jooss

Porträt: Kurt Jooss
Kurt Jooss im Internierungslager Huyton, Porträtzeichnung von Richard Ziegler, 1940
Deutsches Tanzarchiv Köln © VG Bild-Kunst, Bonn 2015

Kurt Jooss

Mit der Folkwang-Tanzkompanie um die Welt

Es sei das Beste, was die ballettgewohnten Engländer seit den berauschenden Balletts-Russes-Vorstellungen gesehen hätten. Sie sind hingerissen vom Zusammengehen von modernem und klassischem Tanz, der erreichten Synthese von Musik, Tanz und Licht, den dramatischen und zeitbezogenen Inhalten und der Qualität der Gruppe.

Patricia Stöckemann über die Reaktion von Publikum und Presse auf die Ballettvorführungen von Kurt Jooss im britischen Exil, 2001

Geborengeboren am 12. Januar 1901 in Wasseralfingen, Deutschland
Gestorbengestorben am 22. Mai 1979 in Heilbronn, Bundesrepublik Deutschland
ExilGroßbritannien (Vereinigtes Königreich)
RemigrationBundesrepublik Deutschland
BerufTänzer, Theaterregisseur

Parallel zu einem Musikstudium in Stuttgart entdeckte Kurt Jooss über die Bekanntschaft mit dem ungarischen Choreografen Rudolf von Laban seine Begeisterung für die Tanzkunst. 1927 gründete er in Essen das Folkwang-Tanztheater-Experimentalstudio, dessen expressionistische Choreografien – etwas für das Stück Der grüne Tisch (1932) – ihn auch international bekannt machten. Nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler sah sich Jooss zunehmend Anfeindungen in der gleichgeschalteten Presse ausgesetzt. Unwillens, seine jüdischen Mitarbeiter zu entlassen, emigrierte mit seinem gesamten Ensemble bei Maastricht über die niederländische Grenze. An den Oberbürgermeister der Stadt Essen schrieb er im Januar 1934: „Mit blutendem Herzen verlasse ich, Ihrem Wunsche weichend, ein Arbeitsfeld, an dem ich 7 Jahre mit all meinen Kräften und mit letzter Hingabe gehangen habe.“

Eine neue Wirkungsstätte fand er an der Dartington Hall School im südenglischen Devon, wo er als Tanzlehrer arbeitete. Während seine Ballets Jooss auch nach Kriegsbeginn noch große Erfolge auf mehreren internationalen Tourneen feiern konnten, wurde er selbst 1940 vorübergehend als "feindlicher Ausländer" in einem Lager auf der Isle of Man interniert. Nach einem kurzen Gastspiel in Santiago de Chile kehrte Kurt Jooss 1949 nach Essen ans Folkwang-Theater zurück, wo er bis 1968 als künstlerischer Leiter tätig war. Zuletzt arbeitete er verstärkt in Stockholm.

Auswahl wichtiger Werke:
Pavane auf den Tod einer Infantin (Ballett, 1929)
Der verlorene Sohn (Ballett, 1931)
Der grüne Tisch (Ballett, 1932)
Chronica (Ballett, 1939)
Pandora (Ballett, 1944)

Weiterführende Literatur:
Markard, Anna / Markard, Hermann: Jooss. Dokumentation hrsg. zur Ausstellung „Kurt Jooss – Leben und Werk“ im Museum Folkwang Essen anlässlich des Festivals „Folkwang ’85“. Köln: Ballett-Bühnen-Verlag 1985
Stöckemann, Patricia: Etwas ganz Neues muss nun entstehen. Kurt Jooss und das Tanztheater. München: K. Kieser 2001
Züllig, Hans: Das Jooss-Ballett im englischen Exil. In: Allende-Blin, Juan (Hg.): Musiktradition im Exil. Zurück aus dem Vergessen. Köln: Bund 1993, S. 205-219

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