Jesse Thoor: Sonett vom Guten Willen
Jesse Thoor: Sonett vom Guten Willen
Aus Nürnberg haben sie bei Sturm und Hagelschlag mich ausgestossen. / Im Hamburg löschten sie mir niederträchtig beide Augen aus. / Mit Lüge haben sie in München meine Seele übergossen. – / Den letzten Rest Vernunft, den schlugen sie mir in Berlin heraus.
Aus Das Sonett vom guten Willen von Jesse Thoor
Ich habe das Sonett vom guten Willen gelesen. Der Autor ist Jesse Thoor, der ein deutsch-österreichischer Schriftsteller war. Er lebte von 1905 bis 1952 und überstand die Nazizeit dadurch, dass er eine Einreiseerlaubnis nach Großbritannien bekam und dorthin ins Exil flüchten konnte.
Das lyrische Ich in diesem Sonett wird seelisch stark gequält. Es werden Lügen über das lyrische Ich verbreitet, „sie“ – ungenannte brutale Täter – schlagen ihm die letzte Vernunft aus dem Leibe, so erleidet es „das Sterben“ tausendmal. Überall wird sein Herz „entzweigeschnitten“. Das lyrische Ich wird durch verschiedene Städte – Nürnberg, München, Hamburg, Berlin und Rotterdam – gejagt. Es hofft darauf, dass alles nur ein Irrtum sei und sich alles wieder zum Guten wende.
Ich empfinde Trauer und Mitgefühl gegenüber dem Menschen, dem das alles passiert, der ausgestoßen wird. Die Grundstimmung des Sonettes ist sehr ernst und traurig. Die Überschrift des Sonettes passt gut, da das lyrische Ich etwas Gutes tun möchte, aber niemand seinen guten Willen akzeptiert und es erbarmungslos verfolgt wird.
Oskar